Nicht bei jeder Leistung, die ein Unternehmer erbringt, steht der dafür fällige Preis bereits im Voraus fest. Die Kunden verlangen dann oft einen sogenannten Kostenvoranschlag. Dabei handelt es sich um eine seriöse, möglichst genaue und fachlich fundierte Kostenschätzung durch denjenigen, der die Leistung erbringen oder ein Produkt herstellen soll. Damit der Kostenvoranschlag keine unerwünschten juristischen Konsequenzen hat, musst du einiges beachten.
Wer muss einen Kostenvoranschlag erstellen?
Eine gesetzliche Pflicht zur Erstellung eines Kostenvoranschlags gibt es nicht. Viele Kunden bestehen aber darauf und beauftragen andernfalls einfach einen auskunftsfreudigeren Mitbewerber. Zumal sie ihrerseits oft keine andere Wahl haben. Ein Kostenvoranschlag für die Versicherung ist fast immer Pflicht, wenn ein größerer Schaden an einer Immobilie oder einem Kfz repariert werden soll. Es vergibt auch kaum jemand einen Handwerkerauftrag ohne vorher eine Kostenschätzung zu verlangen.
Was gehört in einen Kostenvoranschlag?
In den Kostenvoranschlag gehören viele Informationen, die sich später auch in der Abrechnung wiederfinden. Dazu zählen insbesondere:
Die Art der zu erbringenden Leistungen
Für den Kunden muss ersichtlich sein, auf welche Leistungen sich der Kostenvoranschlag im Einzelnen bezieht. Es reicht deshalb nicht nur „Instandsetzung des Pkw XY“ anzugeben. Statt dessen müssen die wesentlichen Leistungen näher bezeichnet werden (z.B. Ausbeulen, Lackieren, Austausch des hinteren linken Kotflügels, etc.)
Der Arbeitseinsatz
Aus der Aufstellung muss die geschätzte Arbeitszeit und die Höhe des Stundensatzes, gegebenenfalls unterteilt nach Gruppen (Meister/ Geselle, Senior Berater/Junior Berater) hervorgehen.
Die Materialkosten
Der Unternehmer muss hier nicht jede Schraube einzeln auflisten, aber alle wesentlichen Materialien benennen.
Sonstige Posten
Das können zum Beispiel Gebühren für Anträge bei Behörden, Einfuhrzölle oder Lizenzen für spezielle Software sein.
Gültigkeit
Aus dem Kostenvoranschlag sollte unbedingt ersichtlich sein, ob er unverbindlich oder verbindlich (garantiert) ist; im letztgenannten Fall ist auch dringend eine Befristung zu empfehlen.
Im Internet gibt es Muster und Vorlagen für den Kostenvoranschlag, die dir die Aufstellung erleichtern. Ein elektronischer Kostenvoranschlag mit allen Angaben kann dem Kunden dann auch ganz bequem per E-Mail übersandt werden. Die Nachricht solltest du dann aber archivieren und aufbewahren, bis der Vertrag abgerechnet ist, falls es zum Streit mit dem Kunden kommt.
Ist der Kostenvoranschlag verbindlich?
Der Kostenvoranschlag ist nur dann verbindlich, wenn dies ausdrücklich so vereinbart worden ist oder sich aus dem Dokument ergibt. Auf einer Abrechnung nach Kostenvoranschlag kann der Kunden nur in diesen Fällen bestehen. Ganz ohne juristische Folgen bleibt aber auch eine unverbindliche Schätzung nicht, insbesondere wenn die Kosten am Ende durch die Decke schießen.
Was passiert bei Überschreitung des Kostenvoranschlags?
Eine Schätzung ist nie exakt, das ist auch dem Gesetzgeber klar. Trotzdem sollen Unternehmer dazu angehalten werden, seriöse Prognosen abzugeben und sich nicht durch eine beschönigte Darstellung der zu erwartenden Kosten Aufträge erschleichen. Eine unwesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags bleibt deshalb, wenn dieser unverbindlich unterbreitet wurde, folgenlos.
Was „unwesentlich“ bedeutet, hängt stets vom Einzelfall ab. Da über dieses Thema oft gestritten wird, gibt es auch eine umfangreiche Rechtsprechung hierzu. Als Richtschnur kannst du davon ausgehen, dass eine Überschreitung bis die 10 Prozent der Kosten als unwesentlich gilt, bei komplexen Aufträgen muss der Besteller auch Überschreitungen von bis zu 20 Prozent hinnehmen. Ist die Kostenabweichung noch größer, gilt sie fast immer als wesentlich.
Der Unternehmer ist gemäß § 649 Abs. 2 BGB verpflichtet, seinem Auftraggeber eine wesentliche Überschreitung des Voranschlags unverzüglich anzuzeigen. Der Kunde darf den Vertrag dann kündigen und muss dem Auftragnehmer nur den bereits geleisteten Teil der Arbeit und die Auslagen vergüten.
Hat der Unternehmer eine Gewähr für die Richtigkeit des Voranschlags übernommen, muss er die Kostensteigerung aus der eigenen Tasche bezahlen. Ein Kündigungsrecht steht ihm deshalb nicht zu, es sei denn, es wurde vertraglich vereinbart. Nur in Ausnahmefällen, wenn ihm die Durchführung nicht zugemutet werden kann, hat er einen Anspruch auf Anpassung des Vertrags gemäß § 313 Abs. 2 BGB. Hier sind die Gerichte aber sehr restriktiv. Wer sich vor den Folgen einer Fehlschätzung schützen will, sollte besser nur unverbindliche Kostenvoranschläge abgeben oder das Risiko vertraglich steuern. Das geht nach herrschender Auffassung aber nicht durch entsprechend abgefasste Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), solche Klauseln müssen individuell ausgehandelt werden.
Ist der Kostenvoranschlag kostenpflichtig?
Ein qualifizierter Kostenvoranschlag nimmt ohne Zweifel viel Zeit in Anspruch, aber darf der Unternehmer sich diese bezahlen lassen? § 632 Abs. 3 BGB regelt hierzu, dass ein Kostenvoranschlag im Zweifel nicht zu vergüten ist. Dem Unternehmer steht für seine Mühen also nur ein Entgelt zu, wenn die Parteien sich darauf geeinigt haben. Dann gibt es aber auch keine Beschränkung hinsichtlich der Höhe.
Der Kunde lässt sich ja ganz bewusst darauf ein. Und das ist ein wichtiger Punkt. Da solche Regelungen der gesetzlichen Bestimmung entgegenstehen, gelten sie in AGB als überraschende Klausel und folglich als nicht vereinbart.
Wer sich seinen Kostenvoranschlag vergüten lassen will, muss dies also individuell aushandeln und am besten schriftlich oder in Textform in einer Rechnung festhalten, da ihn im Zweifel die Beweislast trifft.
Was ist der Unterscheid zwischen Angebot und Kostenvoranschlag?
Ein Angebot ist gemäß § 145 BGB eine Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet ist. Wir es vom Adressaten der Willenserklärung, also vom Kunden, angenommen, kommt ein Vertrag zustande. Ein Angebot ist, anders als ein Kostenvoranschlag, immer verbindlich, es sei denn der Antragende hat dies ausdrücklich ausgeschlossen. Letzteres erfolgt oft durch Hinweise wie „Angebot freibleibend“ oder „unverbindliche Preisauskunft“.
Ist die Dauer der Gültigkeit eines Angebots nicht bestimmt, kann es unter Anwesenden und am Telefon nur sofort angenommen werden (§ 147 Abs.1 BGB). Angebote die Abwesenden, z.B. schriftlich oder per E-Mail gemacht werden, können innerhalb einer Frist angenommen werden, die unter den gegebenen Umständen zu erwarten ist. Auf diese schwammige Regelung, die sich § 147 Abs. 2 BGB findet, sollte sich ein Unternehmer lieber nicht einlassen und ein Angebot immer befristen.
Auch inhaltlich gibt es Unterschiede zwischen Angebot und Kostenvoranschlag. Ein Angebot muss so genau sein, dass im Wege der Auslegung bestimmt werden kann, was der Vertragsgegenstand ist. „Reparatur des Unfallschadens am Fahrzeug XY“ würde hier also bereits genügen. Selbst der Preis muss nicht zwingend genannt werden. Vereinbaren die Parteien keine Vergütung, ist eine solche aber zu erwarten, muss der Besteller dem Auftragnehmer das entrichten, was üblich ist. Ein Kostenvoranschlag zielt dagegen darauf, den Preis möglichst genau zu beziffern und die Kostenstruktur transparent zu machen.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Kostenvoranschlag und Angebot findest du in der Tabelle noch einmal übersichtlich dargestellt:
Kostenvoranschlag | Angebot |
Rechtsgrundlage: §§ 632 und 649 BGB | Rechtsgrundlage: §§ 145 ff. BGB |
Gebühren können Einzelvertraglich vereinbart werden | kostenlos für den Kunden |
unverbindlich, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes erklärt wurde | verbindlich, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes erklärt wurde |
unwesentliche Abweichungen sind erlaubt, sofern es sich um einen unverbindlichen Voranschlag handelt | vor Ablauf der Annahmefrist und im Fall der Annahme ist keine Abweichung erlaubt |
die einzelnen Leistungen und die jeweiligen Kosten werden detailliert aufgeführt | enthält nur eine summarische Beschreibung der Leistung und den Gesamtpreis, allenfalls noch die wichtigsten Einzelposten |
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Zusammenfassung
- ein Kostenvornaschlag ist eine qualifizierte und detaillierte Kostenschätzung, die Rechtsgrundlage bilden die §§ 632 und 649 BGB
- für einen Kostenvoranschlag darf nur eine Gebühr verlangt werden, wenn dies einzelvertraglich vereinbart wurde, ansonsten ist er kostenlos
- der Kostenvoranschlag ist nur verbindlich, wenn der Unternehmer seine Richtigkeit garantiert
- eine unwesentliche Überschreitung bleibt (bei der unverbindlichen Variante) ohne rechtliche Folgen
- wesentliche Überschreitungen müssen dem Kunden unverzüglich angezeigt werden und berechtigen ihn zur Kündigung des Vertrags