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Mit gerade einmal 29 Paragraphen ist das Umsatzsteuergesetz (UStG) vergleichsweise schlank, dennoch ist die Materie gefürchtet. Den Fachleuten machen die zum Teil enorm komplexen Vorschriften zu schaffen, die Anwender in den Betrieben leiden vor allem unter der damit verbundenen Bürokratie. In diesem Beitrag stellen wir dir die wichtigsten Regelungen des Umsatzsteuergesetzes vor, die jeder Unternehmer kennen sollte, der nicht über eine der darin lauernden Fußangeln stolpern möchte.

Das Mehrwertsteuersystem im Überblick

Die Umsatzsteuer, auch als Mehrwertsteuer bezeichnet, ist eine Konsumsteuer, die der Endverbraucher tragen soll. Erhoben wird sie allerdings auch im B2B-Bereich. Damit sich die Steuer nicht über mehrere Produktions- und Handelsstufen hinweg akkumuliert, dürfen Unternehmer die selbst gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) mit der geschuldeten Umsatzsteuer verrechnen bzw. eine Erstattung vom Finanzamt verlangen.

Für kriminelle Umsatzsteuerbetrüger ist dieses System sehr leicht zu manipulieren, weshalb die Regelungen immer komplexer werden.

Der Unternehmerbegriff nach § 2 Umsatzsteuergesetz

Der Unternehmerbegriff ist ein zentraler Term im Umsatzsteuergesetz, da nur Transaktionen, die von Unternehmern durchgeführt werden, der Umsatzsteuer unterworfen sind. Die Umsatzsteuerpflicht ist also originär mit dem Unternehmerstatus verknüpft.

Um sich als Unternehmer zu qualifizieren, muss eine Person oder Personenvereinigung folgende Kriterien erfüllen:

  • Unternehmerfähigkeit
  • Selbständigkeit
  • berufliche oder gewerbliche Tätigkeit

Unternehmerfähigkeit bedeutet, dass eine Person oder Personenvereinigung Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Das trifft auf alle natürlichen Personen zu, auch wenn diese nicht voll geschäftsfähig sind, sowie auf die meisten Personenvereinigungen. Sofern eine der seltenen Ausnahmen vorliegt, etwa bei der Bruchteilsgemeinschaft, entfällt aber nicht die Umsatzsteuerpflicht, stattdessen geht die Rolle des Unternehmers auf die Personen hinter der Vereinigung über.

Selbständigkeit setzt voraus, dass eine Person selbst Geschäftsherrin und nicht nur weisungsgebundene Gehilfin ist. Abhängig Beschäftigte, die in dieser Eigenschaft agieren, sind deshalb niemals selbst Unternehmer, sondern vertreten diesen allenfalls.

Als berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gilt jedwede Erbringung wirtschaftlicher Leistungen, die darauf gerichtet ist, nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Das Gesetz verlangt ausdrücklich keine Gewinnerzielungsabsicht, weshalb auch gemeinnützige Organisationen sehr häufig Unternehmer im Sinne des UStG sind. Privatverkäufe stellen dagegen keinen Umsatzsteuertatbestand dar, da die Akteure nicht nachhaltig, also auf Wiederholung gerichtet, handeln.

Lieferungen und sonstige Leistungen gem. § 3 UStG

Nicht jedes unternehmerische Handeln generiert steuerbare Umsätze. Voraussetzung dafür ist stets, dass entweder eine Lieferung oder eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 UStG erbracht wird.

Lieferungen

Eine Lieferung liegt dann vor, wenn ein Unternehmer einem Dritten die Verfügungsmacht an einer Sache (Gegenstände oder Tiere) verschafft. Es muss sich also nicht um eine logistische Leistung handeln. Der Liefertatbestand ist auch dann erfüllt, wenn der Leistungsempfänger die Sache bereits besitzt und nur die Eigentumsrechte an der Sache übertragen werden.

Sonstige Leistungen

Sonstige Leistungen sind gemäß § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

Zu den wichtigsten sonstigen Leistungen zählen alle Formen von Dienstleistungen sowie die Übertragung oder Gewährung von Rechten an immateriellen Vermögensgegenständen, z.B. einem Patent, einer Lizenz oder einer Forderung.

Ein steuerbarer Umsatz kann dabei auch dadurch ausgelöst werden, dass ein Unternehmer gegen Entgelt auf die Wahrnehmung oder Durchsetzung eines Rechtsanspruchs, z.B. eines Patents auf eine Erfindung, verzichtet.

Steuerbefreiungen nach § 4 UStG

Lieferungen und sonstige Leistungen unterliegen der Umsatzsteuer, sofern kein Ausnahmetatbestand greift. Die wichtigsten Ausnahmen sind in § 4 UStG zusammengefasst, der einen langen Katalog mit nicht steuerbaren Umsätzen auflistet. Zu den wichtigsten Beispielen zählen:

  • innergemeinschaftliche Lieferungen
  • Vermietung von Wohnraum
  • Vermittlung und Gewährung von Krediten
  • Handel mit Wertpapieren
  • Erbringung von Versicherungsleistungen
  • Humanmedizinische Leistungen
  • Krankenhausleistungen

Liegt ein Ausnahmetatbestand vor, darf für diese Lieferungen oder sonstigen Leistungen keine Umsatzsteuer erhoben und das Finanzamt abgeführt werden. Die Summe der nicht steuerbaren Umsätze muss aber in aller Regel in der Umsatzsteuererklärung bzw. den Umsatzsteuervoranmeldungen deklariert werden.

Kleinunternehmer dürfen bei der Ermittlung der Umsatzschwelle außerdem bestimmte steuerfreie Umsätze herausrechnen, worauf wir im jeweiligen Abschnitt noch näher eingehen.

Die Steuersätze gemäß § 12 UStG

Angeblich graut es Steuerberatern vor Weihnachten, da der Baum, der selbstverständlich zum Fest gehört, umsatzsteuerrechtlich eine kaum zu meisternde Herausforderung darstellt. Das ist zwar ein wenig übertrieben, aber je nach Beschaffenheit, Herkunft und Verkäufer sind immerhin vier unterschiedliche Mehrwertsteuersätze einschlägig. Die meisten Gewerbetreibenden finden es bereits anstrengend, den Regelsteuersatz und den ermäßigten Steuersatz korrekt anzuwenden.

Der Umsatzteuer-Regelsteuersatz stellt den Normalfall dar und beträgt 19 Prozent. Bestimmte Lieferungen und Leistungen sind aber steuerbegünstigt, weil dies aus sozialen Gründen für erforderlich gehalten wird oder politisch erwünscht ist. Der ermäßigte Steuersatz liegt bei 7 Prozent und findet insbesondere auf folgende Waren Anwendung:

  • Grundnahrungsmittel
  • Futtermittel
  • Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse
  • Bücher, Zeitungen und andere Druckerzeugnisse
  • Medizintechnische Apparaturen und Hilfsmittel

Eine genaue Aufstellung der privilegierten Produkte findet sich in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG.

Vorsteuerabzug nach § 15 UStG

Wie bereits erläutert, soll die Mehrwertsteuer vom Endverbraucher getragen werden. Unternehmer dürfen deshalb die ihnen von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

Praktisch läuft das Verfahren so ab, dass ein Leistungsempfänger mit Unternehmerstatus die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zwar zunächst an den Rechnungssteller bezahlt, sich die entsprechenden Beträge aber im Rahmen der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung vom Finanzamt erstatten lässt.

Im Rahmen der Voranmeldung deklariert der Unternehmer die Umsatzsteuer, die er selber in Rechnung gestellt hat und an das Finanzamt abführen muss sowie die selbst gezahlte Umsatzsteuer. Diese beiden Summen werden saldiert. Ist die geschuldete Umsatzsteuer höher, als die Vorsteuer, führt der Unternehmer die Differenz an das Finanzamt ab. Im Umgekehrten Fall erhält der Unternehmer den überschießenden Teil der gezahlten Vorsteuer erstattet.

Diese Erstattungen machen das System sehr anfällig für betrügerische Handlungen. So entsteht dem Fiskus jedes Jahr ein Schaden in Milliardenhöhe.

Der Vorsteuerabzug wird auch deshalb mittlerweile nur mehr gewährt, wenn der Unternehmer im Besitz einer Rechnung ist, die die Voraussetzungen gemäß § 14 UStG erfüllt. Lediglich für Bagatellrechnungen bis 250 Euro gelten die Erleichterungsvorschriften nach § 33 UStDV.

Unser Tipp:

Eine Bürosoftware kann dir helfen, den Überblick über deine Buchhaltung und die bestehenden Umsatzsteuergesetze zu behalten. Außerdem kannst du sicherstellen, dass alle Rechnungen die nötigen Pflichtangaben enthalten, damit du den Vorsteuerabzug auch wirklich erhältst.

Kleinunternehmerregelung

Die korrekte Erhebung der Umsatzsteuer ist nicht ganz trivial und die Deklaration und Abfuhr an das Finanzamt ein ressourcenzehrender bürokratischer Prozess. Für viele kleine Unternehmen würde dies eine viel zu hohe Hürde darstellen. Der Gesetzgeber hat deshalb in § 19 UStG die sogenannte Kleinunternehmerregelung implementiert. Davon profitieren Unternehmer, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • der Umsatz hat im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überstiegen und
  • wird im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen

Im ersten Geschäftsjahr dürfen maximal 22.000 Euro Umsatz erzielt werden, wobei Rumpfgeschäftsjahre auf volle Jahre hochgerechnet werden. Der Monatsumsatz darf also im Durchschnitt 1.833,33 Euro nicht übersteigen.

Bei der Umsatzermittlung bleiben bestimmte steuerfreie Umsätze unberücksichtigt (insbesondere Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis i, Nr. 9 Buchstabe b und Nr. 11 bis 28).

Wer von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch macht, darf keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Gegenüber Endverbrauchern hat er damit einen Wettbewerbsvorteil. Er darf aber auch die selbst gezahlte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen, was bei größeren Investitionen zum Nachteil werden kann.

Unternehmer haben deshalb auch die Möglichkeit, gegenüber dem Finanzamt zu erklären, dass sie auf den Kleinunternehmerstatus verzichten. Diese Erklärung ist allerdings für fünf Jahre bindend.

Änderungen des Umsatzsteuergesetzes im Jahr 2019

Das Jahr 2019 hat den Unternehmerinnen und Unternehmern keine gravierenden Änderungen im Umsatzsteuerrecht beschert. Eine Neuerung, von der branchenübergreifend alle umsatzsteuerpflichtigen Betriebe profitieren, ist die verlängerte Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung, die erst zum 31.07.2020 fällig wird. Wer einen Steuerberater beschäftigt, hat sogar Zeit bis Ende Februar 2021. Ab Steuerjahr 2024 (also für Steuererklärung für 2024 mit Abgabe in 2025) müssen Kleinunternehmer keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr machen. Bisher mussten Kleinunternehmer trotzdem immer eine Nullmeldung abgeben.